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„Ein junger Filmemacher war vom Westen durch ein Niemandsland getrennt, wir hatten keine Kontakte, keine Bekannten, fuhren kaum einmal ins Ausland, keiner kannte uns, und wir kannten niemanden. Die Mächtigen und die älteren, mit der Macht befreundeten Kollegen hüteten ihre Kontakte mit jedem Festivaldirektor und jedem Mitglied der Filmauswahlkommission eifersüchtig. Darüber, ob ein Film gezeigt oder verkauft werden sollte, entschieden die Mächtigen. Der Autor hatte keine Chance, seine Arbeit selbst vorzustellen. Zu uns kamen aus dem Westen nur sehr wenige, kaum einer hatte Lust, die Machtstruktur zu umgehen und zu versuchen, tiefer in unser Filmmilieu einzudringen.
Die Leute, die mir aus dieser Sackgasse heraushalfen, erschienen aus einer unerwarteten Richtung, sie kamen aus dem Land, mit dem Polen damals, in den sechziger Jahren, wenig freundliche Beziehungen unterhielt, mit dem uns kulturell zu jener Zeit aber schon genausoviel verband wie heute. Ich meine Westdeutschland. Da ich meiner Abstammung nach Italiener bin, hatte ich immer damit gerechnet, meine ersten Schritte im Westen eher am Tiber oder an der Seine zu machen, als ausgerechnet in dem Land zwischen Elbe und Rhein. Aber es kam anders. Die erste Begegnung fand an der Weichsel statt, und der Herold des günstigen Schicksals war ein Deutscher aus Berlin mit dem Namen Manfred Durniok. […]
Manfred war ein Mann in meinem Alter, zu jeder Zeit also sehr jung. Er unterschied sich gewaltig vom Stereotyp eines Produzenten mit der Zigarre zwischen den Zähnen und hatte andererseits auch nichts von jenem archetypischen Deutschen an sich, jenem Revanchisten, der ebenso verbissen wie vergeblich um die Änderungen der auf Jalta und in Potsdam festgelegten Grenzen kämpfte. Er sprach glücklicherweise Englisch, hatte in Harvard studiert, war mit Penderecki befreundet, der damals am Anfang seiner internationalen Karriere stand, und erwies sich als Liebhaber des Fernen Ostens.
Soll ich heute, nach Jahren, eingestehen, dass ich, im Hotel Cracowia sitzend, kein Wort davon glaubte, was er mir damals erzählte? ... Aber seine Begeisterung war ehrlich, jetzt, später, sehe ich, dass er einer dieser Romantiker ist, die bereit sind, sich in ein Abenteuer zu stürzen, weil das Unbekannte sie reizt.“
Krzysztof Zanussi
in „Film & Friends"
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